Unsere Entstehungsgeschichte
Aller Anfang ist leicht...
Am 06. Jänner 2015, als die St. Veiter Weihnacht 2014/15 ihren Abschluss am Marktplatz fand, wurde aus dem Nachbarort Goldegg die Perchtengruppe zu uns eingeladen.
Die Darbietung erhielt große Bewunderung! Letztlich mischte sich aber ein kleiner Wermutstropfen in die Szene und es kam der Gedanke auf, dass wir in St. Veit doch so etwas ebenso hervorbringen könnten, bisher aber noch niemand die Idee, oder den Mut dazu hatte.
St. Veit ist einer der ältesten Orte und Mutterpfarre im pongauer Innergebirg und eng mit der Geschichte von Goldegg verwoben.
Warum also sollte das Perchtenbrauchtum in Goldegg überliefert worden sein und in St. Veit nicht? Die einzige Grenze zwischen den beiden Orten ist der Putzengraben. Der über die meiste Strecke nur ein kleiner Bach ist, bevor er kurz vor seiner Einmündung in die Salzach, die Orte St.Veit, Schwarzach und Goldegg durch einen Taleinschnitt trennt. Rein vom Gelände ist also eine derartige Kulturgrenze nicht zu erklären.
Viel eher ist es so, dass im Laufe der vielen Jahrhunderte, wenn nicht Jahrtausende viele Dinge überall verloren gegangen sind. Und so ist es wohl bestenfalls nur ein Zufall gewesen, als in Goldegg eine Perchtenmaske gefunden wurde, die aus der Zeit des 18. Jahrhunderts stammte. Erst nach dem Fund dieser Reliquie entwickelte sich wieder ein reges Perchtenbrauchtum in Goldegg.
Die Geschichte ist voll von Veränderungen. Vieles blieb erhalten, aber mindestens eben soviel verschwand und ging verloren. Der Begriff der Tradition setzt sich naturgemäß mit der Vergangenheit auseinander und trachtet danach Rituale und Verhaltensweisen über Generationen hin weg weiter zu tragen, um sie so für die Nachwelt zu erhalten. Eine Perchtengruppe sollte sich diesen Grundsatz immer wieder verinnerlichen! Bezugsloses Treiben ohne einen tieferen Hintergrund, nur um des Spektakels willen führt immer zu einem "sich Tod laufen". Wenn der Sinn dahinter verloren gegangen ist, dann ist auch das Ritual buchstäblich sinnlos geworden und wird nicht mehr verstanden. Wird der Sinn allerdings wieder entdeckt, so kann auch das Ritual wieder zum Leben erweckt werden. Die Natur und die nötige Demut davor ist wohl gerade in den heutigen Tagen angebrachter denn je!
Als Chris und ich, also am 6. Jänner 2016 auf dem Marktplatz beisammen standen und die Goldegger Perchtengruppe bewunderten, setzte sich beim Schnitzer Christian Hammer dieser eine Gedanke in den Kopf:
Eine eigene, neue Perchtengruppe in St. Veit ins Leben zu rufen und sprach mir gegnüber davon. Für mich konnte eine solche Gruppe nur Sinn machen, wenn sie gleichzeitig diesen oben erwähnten Ansprüchen gerecht werden würde.
Von Anfang an dabei, erzählte er seinem langjährigen Freund Stefan Hettegger (Reichermösl) davon. Stefan ist mein Schwager und deutete mir gegenüber im Frühjahr 2016 an, dass es zukünftig eine solche Perchtengruppe geben sollte.
Aber erst im Herbst 2016 begannen die beiden
konkrete Pläne zu schmieden und holten mich endgültig ins Boot. Ich bin seit vielen Jahren über die Volksmusik mit der Volkskultur eng verbunden und habe insgesamt drei mal selbst mit dem Innergebirg Viergesang, als einer der heiligen Könige, am großen pongauer Perchtenumzug in Altenmarkt teilgenommen. Und so trafen wir uns erstmalig zu dritt im Oktober 2016 und besprachen wie denn ein solches Unterfangen anzugehen wäre.
Rasch wurde klar, dass es in St. Veit direkt keine Aufzeichnungen gab, die zumindest kurzfristig verfügbar gemacht werden konnten. Nach einigen Gesprächen mit Kundigen aus der Volkskultur herrschte aber Gewissheit, dass vorchristliche Rituale zur Besänftigung der Natur um die Wintersonnenwende, wahrscheinlich überall im gesamten Alpenraum abgehalten wurden. Das es aber nur in einigen Regionen heute noch gepflegt wird liegt wohl nur daran, dass es in einigen Orten geschafft wurde, den Faden nie abreißen zu lassen und diese zum Teil uralten Bräuche von Generation zu Generation bis ins Heute zu überliefern. Immerhin wurden mit der Christianisierung ursprüngliche, und damit heidnische Gebräuche nicht mehr so ohne weiteres geduldet. Die vielen Jahrhunderte und die vielen Kriege taten das Ihre dazu, dass sich das Perchtenritual nur mehr in einigen Orten als historisch überliefert belegen lässt. Wir verloren daher vorerst keine weiter Zeit mit der Recherche über ein eventuell stattgefundenes Perchtenbrauchtum im Ortsgebiet von St. Veit.
Sozusagen im Schnellverfahren beschlossen wir somit eine Gruppe aufzubauen, die vorerst die wichtigsten Figuren abdecken sollte. Vogel- und Waldperchten. Tierperchten und Schiachperchten. Den Rauchfangkehrer als Glückssymbol und den Jäger als Bindeglied zwischen wilder Natur und dem Menschen. Auch den Tod, der als Grenzgänger zwischen Leben und Sterben der Natur und ihrer Jahreszeiten, aber auch das Leben und Sterben des Menschen verkörpert.
Damit entstand für Chris eine große Aufgabe!
Er musste die meisten Masken erst aus dem wohl am besten
riechenden Holz hauen, das dafür geeignet ist. Und so konnte man fortan in die
Werkstatt kommen wann man wollte, es lagen dort immer eine Menge Zirbenholzspäne herum und ein wunderbarer Geruch kündigte immer wieder aufs Neue an, dass es wohl wieder einen "neuen Kopf" zu bestaunen gab. Es wurden vorerst 12 Figuren fixiert...
Als Ausrückungstermin wurde rasch der Dreikönigstag fixiert.
Die Bauern sollten also am 06. Jänner auf ihren Höfen ohne Vorankündigung aufgesucht und mit einer wilden "Gjoad" (Jagd) aus dem Haus getrieben werden. Danach sollen sich die Perchten in einem Halbkreis um die Familie aufstellen und damit beginnen in Reimen und Symbolik ihre Glückwünsche zu überbringen. Danach wird ein "Maue Schnops trunk'n" und ein Erinnerungsfoto gemacht, das jeder Bauer später als Andenken erhält. Die gesammelten Spenden sollten nach dem Decken der für Verpflegung der Besucher gespendet werden. Die gesamte Perchtenausrüstung und die Hütte wurde von Chris unentgeltlich zur Verfügung gestellt. Der weitaus größere Rest an dem gespendetem Geld würde jedes Jahr einem anderen wohltätigen Zweck zugeführt werden. Menschen also, die wohl unsere Glückwünsche nicht (rechtzeitig) erreichen konnten und einen schweren Schicksalsschlag ertragen müssen.
Lieber ist es uns aber, wenn wir mit unserem Ritual Unheil von vorne herein abzuwenden könnten, sodass es erst gar nicht eintreten möge!
Figuren und Mitglieder der Gruppe:
Da "Giggei", (Hannes Rola) ein Hahn und damit Vogelpercht ist der Zeitgeber für einen guten neuen Tag, aber auch für ein gutes neues Jahr. Auch ein Symbol für den Stolz des Bauernstandes, der als Fruchtbarkeitssymbol mit einem rohen Ei das Symbol des Lebens auf den Hof bringt.
De "guat Frau" (Lukas Pfeiffenberger) steht für die Güte, die Zufriedenheit, die Genügsamkeit und für ein gutes Herz. In erster Linie aber wohl das einer Mutter! Sie kann keine Gaben bringen, außer der "Güte und s' Herz, das guat is wos teat's".
Da "Fock" (Daniel Hammer) symbolisiert den Wohlstand und soll Armut und Hungersnot vom Hof fern halten. Auch ermahnt er an die Bedürfnisse der Nutztiere und ihre Bedeutung für die Nahrung des Menschen! So kann es dem Menschen nur dann gut gehen, wenn es auch seinen Tieren gut geht!
Da "Rab' " (Peter Burgschwaiger) steht für die G'scheitheit. "Nit z' vüh und nit z' wench". Er ist aber auch der Totenvogel und damit ein Warner vor dem Unglück.
Da "Goaßbock" (Chris Hammer) steht für die Fruchtbarkeit im Haus, Stall und auch auf den Feldern. Ebenso ist er ein "Sündenbock" der alle Schuld auf sich nehmen kann und dies auch dem Bauern bei seinem Besuch anbietet.
De "Hex" (Fred Ortner 2017, Andreas Hofer 2018) ist nicht gut, aber auch nicht böse! Die Hex ist vielmehr "ein Spiegel von Dir". Sie ist ein mythisches Wesen mit besonderen Fähigkeiten, die sie je nach der Ausrichtung des Menschen dem sie gegenübersteht, sowohl zum Guten als auch zum Bösen einsetzen kann.
Da "Schnobler" (Stefan Hettegger) zwickt mit seinem Schnabel und der Schere. Er ist der Bestrafer, den die Hexe schickt und die Bauersleute zwackt, wenn sie böse oder habgierig sind. Oder aber etwas gröbisch "abneidlt" wenn sie gut sind!Da "Jaga" (Ruap Zimmerebner 2017 und Lukas Rohrmoser 2018) symbolisiert den Hüter und Heger des Waldes und seiner Tiere damit die steilen "Poif'n a ruah geb'n".
Da "Hirsch" (Mark Kornberger) 2018 erstmals dabei, appelliert als der König der Waldtiere, an den Menschen ihn und das Wild in der schweren Zeit des Winters "in Ruah z' loss' n".
Des "Woidmandl" (Rene Griesner) symbolisiert ebenfalls den Wald und seine Tiere, erinnert aber auch daran dass der Wald dem Bauer nicht nur das Holz gibt, sondern auch seine Felder sowie das Haus und den Hof vor den "Ploak'n" (Lawinen, Vermurung und Steinschlag) schützt.
Der "Tod" (Marco Prommegger) symbolisiert Ende, aber auch Anfang. Er erinnert an die Vergänglichkeit des Lebens und an ein Lebenswerk der Menschen Hände, das über den Tod hinaus noch bestehen bleibt. Er ermahnt aber auch das man leben möge vor dem Sterben, da er sonst immer zu früh kommt.
Da "Photograph" (Lukas Rola) 2018 ebenfalls mit einer Holzmaske ausgestattet, symbolisiert die Vergänglichkeit des Augenblickes und gleichzeitig das Bestreben des Menschen ihn auch festhalten zu wollen. Gewisser Maßen steht er für unsere Erinnerungen!
Die "Perchtenmusi" (Lukas Pfeiffenberger, Vitus Empl und Hannes Rola) machen die musikalische Umrahmung des Spektakels.
Die "Hirten" führen mit ihren Tieren die Menschen mit ihren Laternen (nur) am 23. Dezember die Teilnehmer der Lichterwanderung vom Geiersbichelgut (Geispichi) zur Hütte, die in der Advent- und Weihnachtszeit bis zum 06. Jänner den Stall zu Bethlehem symbolisiert und im Inneren eine lebensgroße Grippenszene dargestellt. Die Hirten werden von Anna Bürgler, Daniel Hammer und Philipp Gold dargestellt.